annoschrein siegburg

bauherr
erzbistum köln
künstler
brody neuenschwander, brügge

der kölner erzbischof anno ii war einer der mächtigsten männer seiner zeit, in der politik und kirche noch eng verflochten waren. er war ein kirchenbauer und gründer von klöstern, darunter die benediktinerabtei auf dem siegburger michaelsberg. nach seiner heiligsprechung 1183 wurden seine gebeine in einem von nikolaus von verdun gefertigten goldenen schrein in der abteikirche aufbewahrt. seit der aufhebung der abtei ist der schrein in der schatzkammer von st. servatius ausgestellt. zur würdigung der nun noch in einer barocken holzlade verwahrten reliquien ließ das erzbistum köln einen nebenraum der abteikirche zur annokapelle umbauen und beauftragte nach einem wettbewerb den künstler und kalligraphen brody neuenschwander (brügge) mit dem entwurf eines neuen schreins. dieser nahm in der archetypischen form eines hauses gestalt an, seine wände und dächer bildet ein durchgängiges netz allein aus buchstaben, lesbar als die lebensdaten des heiligen und die hochdeutschen zeilen des anno-liedes. die mit dem wasserstrahlverfahren aus massiven bronzeplatten geschnittenen buchstabengitter wurden mit unsichtbaren verbindungen zu einem haus zusammengesetzt, dessen proportionen etwa denen des schmalhohen andachtsortes entsprechen.

die reliquien selbst hängen auf augenhöhe in einem mit gerieften und vergoldeten messingplatten verkleideten kasten vom dach des buchstabenhaues ab. jede riefung der platten wurde von hand mit einem spalthammer eingeschlagen, um eine lebendig funkelnde lichtbrechung zu erzielen. besucher*innen können das auf einem niedrigen steinsockel zentral platzierte haus vollständig umlaufen, dürfen die bronzene hülle berühren. wände und decke der fensterlosen neun meter hohen kapelle sind dunkelgrau gestrichen. ein wenig tageslicht fällt durch die tür aus der kirche in den raum. hoch in den vier ecken der kapelle wurden vertikal stromschienen angeordnet. die vorhandenen strom- auslässe in der kapelle mussten bei der planung berücksichtigt und beibehalten werden. stromschienenstrahler mit spotoptik, in einem steilen winkel auf dach und wände des buchstabenhauses ausgerichtet, setzen die flächen dezent ins licht. der text ist lesbar, doch gleichzeitig erscheint das schriftwerk bei geringem betrachtungsabstand abstrakt und poetisch. die rückseiten der buchstaben wurden geschwärzt. da sie nicht beleuchtet werden, rückt die schrift der gegenüberliegende seite beim blick durch den schrein dezent in den hintergrund, um das zentrum, den goldglänzenden reliquienkasten strahlen zu lassen. dessen vertikale flächen werden von unten mit streiflicht erhellt, die vier in rechteckform angeordnete led-profile mit ovaler lichtoptik sind in die bodenplatte des sand- steinsockels eingelassen, um selbst nicht als lichtquellen wahrgenommen zu werden. die leuchten werden in blickachse mit einem lamellenraster abgeblendet, das im 3d-druckverfahren angefertigt wurde. für den goldenen reliquienbehälter erwies sich 2700k als optimale lichtfarbe. im kontrast zu den grauen kapellenwänden unterstützt das licht die warme und strahlende materialität des sakralen objektes. die dimmbaren betriebsgeräte der streiflichkanäle sowie deren interne verdrahtung wurden komplett im sockel des buchstabenhauses angeordnet. ein dimmwert wurde vor ort fest eingestellt.

die stromschienenstrahler wurden am strahlerkopf vom helligkeitswert voreingestellt. beides wird konventionell über die vorhandenen taster geschaltet.

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